Rückkehr eines Beamten aus der Altersteilzeit

Einem teilzeitbeschäftigten Beamten muss die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung ermöglicht werden, wenn die Fortführung der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar geworden ist. Hiervon ist auszugehen, wenn der Beamte – wie im Falle der Altersteilzeit im Blockmodell oder des sog. Sabbatjahres – eine spätere Freistellung bereits erdient hat, die Inanspruchnahme des Vorteils durch eine nachträglich eintretende Entwicklung aber unmöglich gemacht wird.

Rückkehr eines Beamten aus der Altersteilzeit

Dem Antrag des Beamten können nur solche dienstlichen Belange des Dienstherrn entgegengehalten werden, deren Gewicht demjenigen der Gründe des Beamten zumindest gleichwertig sind. Das Anliegen, Präzedenzfälle zu vermeiden, genügt nicht.

Die rechtsgrundsätzliche Frage, unter welchen Voraussetzungen sich ein Beamter von einer auf seinen Antrag hin bewilligten Teilzeitbeschäftigung lösen kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.

Das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums durch Art. 33 Abs. 5 GG garantierte Alimentationsprinzip lässt eine Absenkung der Besoldung unter das vom Besoldungsgesetzgeber als amtsangemessen festgesetzte Niveau nur auf Antrag und im Einverständnis des betroffenen Beamten zu1. Durch diesen konsensualen Charakter hat der Beamte die Möglichkeit, selbst darüber zu entscheiden, inwieweit er für die Sicherung eines amtsangemessenen Unterhalts auf die volle Besoldung angewiesen ist.

Dieser verfassungsrechtlichen Ausgangslage muss auch dann Rechnung getragen werden, wenn sich ein Beamter für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden hat, nachträglich aber eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Landesbeamtenrechts eine spezielle Rechtsgrundlage hierfür vorgesehen haben. Auch wenn dies – wie hier – nicht der Fall ist, besteht jedenfalls der Anspruch auf eine Entscheidung nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 (L)VwVfG2. Im Rahmen der danach eröffneten Ermessensausübung ist der verfassungsrechtlich verankerte Vorrang der Vollzeitbeschäftigung zu berücksichtigen3. Zwischen der Vollzeit- und der Teilzeitbeschäftigung eines Beamten besteht ein verfassungsrechtlich vorgegebenes Regel-Ausnahme-Verhältnis4.

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Dem teilzeitbeschäftigten Beamten muss jedenfalls dann eine Vollzeitbeschäftigung ermöglicht werden, wenn ansonsten eine amtsangemessene Lebensführung, wie sie durch die volle Alimentation gewährleistet wird, in Frage stehen könnte5. Das Ermessen ist auch dann eingeschränkt, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Beamte – wie im Falle der Alterszeit im Blockmodell oder des sog. Sabbatjahres – eine spätere Freistellung bereits erdient hat, die Inanspruchnahme des Vorteils durch eine nachträglich eintretende Entwicklung aber unmöglich gemacht wird. Tritt in der Freistellungsphase eine Dienstunfähigkeit oder längerfristige Erkrankung ein, kann der Beamte die mit dem teilweisen Besoldungsverzicht erkauften Vorteile nicht mehr in Anspruch nehmen, obwohl er die Gegenleistung hierfür bereits erbracht hat6.

Ob dem betroffenen Beamten ein Festhalten an dem gewählten Altersteilzeitmodell nicht mehr zugemutet werden kann, ist an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Die konkrete Würdigung ist einer Grundsatzrüge nicht zugänglich.

Allein der Umstand, dass nachträglich eine für das Anliegen des Klägers günstigere Gestaltungsmöglichkeit geschaffen wurde, reicht nicht aus, um ein Festhalten an der getroffenen Entscheidung als unzumutbar einstufen zu können. Denn hierdurch ändert sich an der eingetretenen Lage des Beamten selbst nichts; auch die wirtschaftliche Situation bleibt unberührt. Unbillig kann ein Festhalten an der gewählten Form der Teilzeitbeschäftigung daher nur sein, wenn der Ausschluss von der neu eröffneten Vergünstigung in Anbetracht des Gesamtzusammenhangs zu Wertungswidersprüchen führt, und dem Beamten danach eine Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung billigerweise nicht mehr angesonnen werden kann.

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Dabei ist auch dem Umstand Bedeutung zuzumessen, dass der Beamte nach dem von ihm gewählten Modell der Altersteilzeit keine Dienstzeit vorgeleistet hat. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit muss maßgeblich darauf abgestellt werden, ob eine vom Beamten erbrachte Vorleistung nachträglich entwertet wird7. Dementsprechend durfte hier auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Beamte während der Teilzeitbeschäftigung krankheitsbedingt nur in geringem Umfang Dienst geleistet, gleichwohl aber Altersteilzeitzuschläge erhalten hat.

Dienstliche Belange, die dem Antrag des Beamten entgegenstehen, liegen allerdings nicht bereits mit dem Anliegen des Dienstherrn vor, einen Präzedenzfall für weitere Anträge zu vermeiden.

Dem Antrag des Beamten können nur solche dienstlichen Belange des Dienstherrn entgegengehalten werden, deren Gewicht demjenigen der Gründe des Beamten zumindest gleichwertig sind8. Fiskalische Interessen oder haushalterische Schwierigkeiten erfüllen diese Anforderungen allenfalls ausnahmsweise9. Das Anliegen des Dienstherrn, Berufungsfälle für weitere Anträge zu vermeiden, weil hierdurch insgesamt eine höhere Haushaltsbelastung entstehen könnte, rechtfertigt die Ablehnung eines auf die Abänderung einer unzumutbar gewordenen Altersteilzeitbeschäftigung gerichteten Antrags daher nicht.

Dies gilt vorliegend umso mehr, als sich die befürchtete Rückabwicklung nur auf Beamte bezieht, die Altersteilzeit im Blockmodell in Anspruch genommen haben. Unabhängig von der Frage, ob der Vergünstigungsausschluss für die Inanspruchnahme einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auf alle in Altersteilzeit beschäftigten Beamten bezogen war und erstreckt werden durfte, müssen diese Gruppen jedenfalls bei der Behandlung von Anträgen auf nachträgliche Änderung der Altersteilzeitbeschäftigung angesichts der insoweit bestehenden Sachunterschiede differenziert werden.

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Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. April 2015 – 2 B 69.2014 –

  1. BVerfG, Beschluss vom 19.09.2007 – 2 BvF 3/02, BVerfGE 119, 247, 268 f.[]
  2. BVerwG, Urteil vom 24.02.2011 – 2 C 50.09, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 58 Rn. 10 f.[]
  3. BVerwG, Beschluss vom 08.05.2013 – 2 B 5.13, NVwZ 2013, 953 Rn.19[]
  4. BVerwG, Urteile vom 30.10.2008 – 2 C 48.07, BVerwGE 132, 243 Rn. 14; und vom 24.02.2011 – 2 C 50.09, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 58 Rn. 21[]
  5. BVerwG, Beschluss vom 08.05.2013 – 2 B 5.13, NVwZ 2013, 953 Rn. 16[]
  6. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 2 C 15.07, Buchholz 237.7 § 78b NWLBG Nr. 2 Rn.19 f.[]
  7. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 2 C 15.07, Buchholz 237.7 § 78b NWLBG Nr. 2 Rn.20[]
  8. BVerwG, Urteil vom 16.10.2008 – 2 C 15.07, Buchholz 237.7 § 78b NWLBG Nr. 2 Rn. 21[]
  9. BVerwG, Urteile vom 16.10.2008 – 2 C 15.07, Buchholz 237.7 § 78b NWLBG Nr. 2 Rn. 22; vom 30.10.2008 – 2 C 48.07, BVerwGE 132, 243 Rn. 15; und vom 24.02.2011 – 2 C 50.09, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 58 Rn. 22[]