Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen Gesundheitsschäden durch Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR

Die zur Verhinderung eines Grenzübertritts an der früheren Grenze der DDR ausgelösten Grenzsicherungsmaßnahmen waren rechtsstaatswidrig. Eine infolge dieser Maßnahmen erlittene gesundheitliche Schädigung kann verwaltungsrechtlich rehabilitiert werden.

Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung wegen Gesundheitsschäden durch Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR

Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Der Kläger begehrt seine Rehabilitierung nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz. Seine Anträge begründete er u.a. damit, dass ihm im Dezember 1988 gemeinsam mit seinem Bruder die Flucht aus der DDR nach Berlin (West) gelungen sei. Die Umstände der Flucht, die zwölf Stunden gedauert habe, seien dramatisch gewesen. Diese Erfahrung habe ihn traumatisiert und zu einer psychischen Erkrankung geführt. Das Ministerium des Innern als Rehabilitierungsbehörde des Landes Brandenburg lehnte die Anträge ab.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Verwaltungsgericht Potsdam hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen1. Ein Anspruch auf verwaltungsrechtliche Rehabilitierung bestehe nicht. Bei den Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR habe es sich nicht um eine konkret-individuell gegen den Kläger, sondern um eine gegen die gesamte Bevölkerung der DDR gerichtete abstrakt-generelle Maßnahme gehandelt.

Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg und führte zur Verpflichtung des Landes Brandenburg, die Rechtsstaatswidrigkeit der ausgelösten Grenzsicherungsmaßnahmen festzustellen:

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR seien lediglich abstrakt-generell gegen die Gesamtheit der Bevölkerung der DDR gerichtet gewesen, so dass eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung ausscheide, verletzt Bundesrecht.

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Die zur Verhinderung eines bestimmten Grenzübertritts ausgelösten Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR waren hoheitliche Maßnahmen, die sich konkret und individuell gegen den Betroffenen – hier den Kläger – richteten. Sie waren rechtsstaatswidrig, weil sie in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit verstießen und Willkürakte im Einzelfall darstellten.

Der Kläger hat darüber hinaus schlüssig dargelegt, dass die ausgelösten Grenzsicherungsmaßnahmen bei ihm zu einer gesundheitlichen Schädigung geführt haben können, die noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirkt. Die abschließende Entscheidung über Folgeansprüche obliegt dem zuständigen Versorgungsamt.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Juli 2019 – 8 C 1.19

  1. VG Potsdam, Urteil vom 15.11.2016 – 11 K 211/16[]

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