Einfuhrabgaben und die Hinzurechnung der Beförderungskosten

Das Finanzgericht Düsseldorf hat aktuell entschieden, dass zu entrichtende Einfuhrabgabenbeträge für eingeführte Veredelungserzeugnisse unter Hinzurechnung der Beförderungskosten zu ermitteln sind.

In dem entschiedenen Fall hatte das beklagte Hauptzollamt der Klägerin einen passiven Veredelungsverkehr bewilligt.

Die Klägerin vertrat in der Folge nach dem Beginn der vollständigen Anwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex – UZK -) die Auffassung, dass die Einfuhrabgabenbeträge für Veredelungserzeugnisse nicht mehr unter Hinzurechnung der Beförderungskosten zu ermitteln seien. Dies sah das beklagte Hauptzollamt nicht so.

Das Finanzgericht hat sich der Auffassung des Hauptzollamtes angeschlossen.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung und Mitteilung des Zolls sind die Art. 101 Abs. 1, 102 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK.

Nach Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK sind bei der Ermittlung des Zollwerts gemäß Art. 70 UZK dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Union hinzuzurechnen. Wie sich aus den Art. 70 Abs. 1 und 74 Abs. 1 Unterabs. 1 UZK ergibt, ist der Zollwert von Waren grundsätzlich nach der Transaktionswertmethode des Art. 70 UZK zu ermitteln.

Der Transaktionswert ist der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis (Art. 70 Abs. 1 UZK). Der Begriff des Verkaufs im Sinne des Art. 70 Abs. 1 UZK ist weit auszulegen. Dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, ob das Vertragsverhältnis zwischen dem Käufer und dem Verkäufer als Kaufvertrag oder als ein Vertrag zur Bearbeitung oder Veredelung der eingeführten Waren zu qualifizieren ist1. Daher kann auch ein Veredelungsentgelt Grundlage für die Ermittlung des Zollwerts nach Art. 70 Abs. 1 UZK sein.

Demgemäß ist nach Art. 86 Abs. 5 UZK der Einfuhrabgabenbetrag für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse „auf der Grundlage“ der Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang zu bemessen („… on the basis of the cost of the processing operation undertaken outside the customs territory of the Union“ in der englischen und „… sur la base du coût de l’opération de transformation réalisée hors du territoire douanier de l’Union“ in der französischen Fassung der Vorschrift). Die Kosten für den Veredelungsvorgang treten an die Stelle des für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, den es für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse regelmäßig nicht gibt.

Dem Veredelungsentgelt als Grundlage für die Ermittlung des Zollwerts sind mithin gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK auch die Beförderungskosten für die im Verfahren der passiven Veredelung entstandenen Veredelungserzeugnisse hinzuzurechnen2.

Ein Unterbleiben der Hinzurechnung von Beförderungskosten für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK würde den allgemeinen Grundsätzen des Zollwertrechts widersprechen, so das Finanzgericht Düsseldorf. Mit den Zollwertregelungen des UZK soll ein gerechtes, einheitliches und neutrales System geschaffen werden, das die Anwendung willkürlicher oder fiktiver Zollwerte ausschließt. Der Zollwert muss daher den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln und alle Elemente der Ware berücksichtigen, die einen wirtschaftlichen Wert haben3. Der tatsächliche wirtschaftliche Wert von Veredelungserzeugnissen umfasst auch die Beförderungskosten bis zu dem Ort ihres Verbringens in das Zollgebiet der Union (Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK). Diese Kosten haben für den Einführer einen wirtschaftlichen Wert, weil sie getragen werden müssen, um über die Veredelungserzeugnisse überhaupt im Zollgebiet der Union wirtschaftlich verfügen zu können.

Die Auffassung der Klägerin würde, so das Finanzgericht Düsseldorf weiter, zudem dazu führen, dass auch die in Art. 71 Abs. 1 Buchstabe a bis d UZK genannten Aufwendungen und Kosten nicht mehr dem Veredelungsentgelt hinzugerechnet werden dürften. Dies würde indes Art. 8 Abs. 1 des Gatt-Zollwert-Kodex 1994 widersprechen. Der GATT-Zollwertkodex 1994 ist bei der Auslegung der Zollwertvorschriften des UZK zu berücksichtigen4.

Der Umstand, dass in Art. 591 Unterabs. 3 ZKDVO auf die Art. 29 bis 35 ZK verwiesen worden ist, während in Art. 86 Abs. 5 UZK eine solche ausdrückliche Verweisung auf die Art. 70 und 71 UZK fehlt, spricht nicht gegen die Annahme, dass einem Veredelungsentgelt für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK auch die Beförderungskosten hinzuzurechnen sind. Die Regelung des Art. 591 Unterabs. 3 ZKDVO ist erst mit Wirkung ab dem 01.07.2001 durch Art. 1 Nr. 28 der Verordnung (EG) Nr. 993/2001 der Kommission vom 04.05.2001 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. EG Nr. L 141/1) eingefügt worden. Wie sich aus dem 9. und 12. Erwägungsgrund zu dieser Verordnung ergibt, sollten mit der Einfügung unter anderem des Art. 591 Unterabs. 3 ZKDVO die Vorschriften über die Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung insgesamt vereinfacht und rationeller abgefasst werden. Eine grundlegende Neuregelung der Hinzurechnung von Beförderungskosten beinhaltete die Einfügung des Art. 591 Unterabs. 3 ZKDVO mithin nicht.

Der Umstand, dass in Art. 86 Abs. 5 UZK im Gegensatz zu Art. 86 Abs. 1 und 3 UZK nicht der Begriff „Zollwert“ verwendet worden ist, spricht nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf nicht gegen die hier vertretene Auffassung. Aus Art. 75 UZK-DelVO ergibt sich vielmehr, dass für im Verfahren der passiven Veredelung entstandene Veredelungserzeugnisse grundsätzlich ein Zollwert zu ermitteln ist. Die Vorschrift betrifft zwar die Sonderfälle, in denen eine besondere Einfuhrabgaben auf Veredelungserzeugnisse aus der passiven Veredelung zu erheben ist. Gleichwohl spricht der Wortlaut des Art. 75 UZK-DelVO dafür, dass für Veredelungserzeugnisse grundsätzlich ein Zollwert zu ermitteln ist, wobei die Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang die Grundlage bildet (Art. 86 Abs. 5 UZK). Es ist nicht ersichtlich, warum dies nur für Veredelungserzeugnisse gelten sollte, auf die eine besondere Einfuhrabgabe zu erheben ist.

Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass die Beförderung von Veredelungserzeugnissen nach Art. 5 Nr. 37 UZK nicht mehr als Bestandteil des Veredelungsvorgangs gilt. Das schließt es jedoch nicht aus, Beförderungskosten gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchstabe e Ziff. i UZK einem Veredelungsentgelt hinzuzurechnen. Art. 5 Nr. 37 UZK enthält nur eine Begriffsbestimmung der Beförderung von Veredelungserzeugnissen. Die Bestimmung regelt demgegenüber nicht die Frage, ob Beförderungskosten im Rahmen der Ermittlung des Zollwerts von Veredelungserzeugnissen hinzuzurechnen sind.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf Art. 153 Unterabs. 1 ZK berufen. Es ist bereits fraglich, dass bei einer Hinzurechnung von Beförderungskosten zu einem Veredelungsentgelt in den Fällen der Ausbesserung von Waren der vorübergehenden Ausfuhr überhaupt ein Widerspruch zu der Rechtslage unter der Geltung des Art. 153 Unterabs. 1 ZK bestehen würde. Nach Art. 153 Unterabs. 1 ZK waren die Ausbesserungskosten nur dann als Zollwert zugrunde zu legen, wenn diese Kosten die einzige Leistung des Bewilligungsinhabers dargestellt haben. Zwar gilt die bloße Ausbesserung nach wie vor als Veredelungsvorgang (Art. 5 Nr. 37 Buchstabe d UZK). Art. 86 Abs. 5 UZK enthält aus Vereinfachungsgründen jedoch keine besonderen Vorschriften für die Ermittlung des Zollwerts in den Fällen der Ausbesserung von Waren der vorübergehenden Ausfuhr mehr.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2019 – 4 K 2523/18 Z
ECLI:DE:FGD:2019:1211.4K2523.18Z.00

  1. EuGH, Urteil vom 12.12.2013 – C-116/12, ECLI:EU:C:2013:825 []
  2. Lux in Müller-Eiselt/Vonderbank, EU-Zollrecht Zollwert, Fach 4286 Randnr. 40; Rinnert in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Art. 86 UZK Randnr. 28; Witte in Witte, UZK, 7. Auflage, Art. 259 Randnr. 170, 172 f. []
  3. EuGH, Urteil vom 20.06.2019 – C-1/18, ECLI:EU:C:2019:519 []
  4. BFH, Beschluss vom 18.12.2013 – VII B 107/12, BFH/NV 2014, 1107 []

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