Umsatzsteuer: Sportpferde sind gewöhnlich nicht zur Zubereitung von Nahrungsmitteln bestimmt

Welcher Umsatzsteuersatz gilt, wenn ein Miteigentumsanteil an einem Sportpferd übertragen wird?

Auch im Hinblick auf die absoluten Beträge, um die es hier geht, sicher kein uninteressante Frage, die nun der Bundesfinanzhof entschieden hat.

In dem entschiedenen Fall betrieb der Kläger u.a. einen Großhandel mit lebenden Pferden.

Er erwarb Kläger wiederholt hälftige Miteigentumsanteile an Sportpferden und veräußerte eine Reihe solcher Anteile. Er unterwarf die Umsätze aus diesen Veräußerungen dem für die Lieferungen lebender Pferde geltenden ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a zum UStG.

Das beklagte Finanzamt hielt dies für unzutreffend, da der Kläger sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG erbracht habe, die dem allgemeinen Steuersatz im Sinne des § 12 Abs. 1 UStG unterworfen sind, und änderte die entsprechenden Bescheide.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte beim Niedersächsichen Finanzgericht1 Erfolg.

Das Finanzgericht führte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus, die streitigen Umsätze aus den Veräußerungen der Miteigentumsanteile an den Pferden unterlägen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a zum UStG in der bis zum 30.06.012 geltenden Fassung2 dem ermäßigten Steuersatz. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes handele es sich bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Pferd um eine Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG. Es sei kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, die Übertragung eines Miteigentumsanteils umsatzsteuerrechtlich anders zu behandeln als die Übertragung des Volleigentums an der Sache. Gegenstand der Übertragung des Miteigentumsanteils sei das konkrete lebende Pferd, an dem das Miteigentum und der Mitbesitz verschafft werde1.

Dieser Auffassung hat sich der Bundesfinanzhof in der Revisionsinstanz nicht angeschlossen und hat die Klage abgewiesen.

Die vom Kläger erbrachten Leistungen unterliegen nämlich selbst dann dem Regelsteuersatz i.S. des § 12 Abs. 1 UStG, wenn – wie das FG meint – die Übertragung von hälftigen Miteigentumsanteilen an Sportpferden als Lieferung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beurteilen wäre.

Nach § 12 Abs. 1 UStG betrug die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz im Streitjahr 2006  16 % und in den Streitjahren 2007 bis 2008  19 % der Bemessungsgrundlage (allgemeiner Steuersatz).

Die Steuer ermäßigte sich gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a zum UStG a.F. auf 7 % für die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von lebenden Pferden einschließlich reinrassiger Zuchttiere, ausgenommen Wildpferde.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift3 war der ermäßigte Umsatzsteuersatz auch auf die Lieferung von Sportpferden anzuwenden. Denn die betreffende nationale Regelung sah für Umsätze mit bestimmten lebenden Tieren einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz unabhängig davon vor, für welche Verwendung diese Tiere bestimmt waren4.

Gemessen am Unionsrecht war das nationale Recht in Bezug auf die Lieferung von Sportpferden jedoch zu weit.

Die Lieferung von Sportpferden unterliegt nach dem Unionsrecht nicht dem ermäßigten Steuersatz, sondern dem Regelsteuersatz.

Die Mitgliedstaaten sind zwar berechtigt gemäß Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Nr. 1 der MwStSystRL5 einen ermäßigten Steuersatz für die Lieferung lebender Tiere einzuführen. Anhang III Nr. 1 der MwStSystRL gestattet die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes jedoch nur für lebende Tiere, die üblicherweise dafür bestimmt sind, für die Zubereitung von Nahrungs- und Futtermitteln verwendet zu werden.

Der Zweck dieser Bestimmung besteht darin, dem Endverbraucher den Kauf dieser Nahrungs- und Futtermittel zu erleichtern4. Der Unionsgesetzgeber stellt insoweit auf Tiere ab, die gewöhnlich und allgemein dafür bestimmt sind, in die menschliche oder tierische Nahrungskette zu gelangen. Das gilt insbesondere für Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen. Daher kann auf sämtliche Lieferungen von Tieren dieser Arten ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewandt werden, ohne dass dies für jedes einzelne Tier geprüft werden muss4.

Bei Pferden ist die Situation in der Europäischen Union anders als bei den vorgenannten Arten. Pferde sind nicht gewöhnlich und allgemein dafür bestimmt, für die Zubereitung von Nahrungs- und Futtermitteln verwendet zu werden, auch wenn einige von ihnen tatsächlich als Nahrungs- und Futtermittel dienen4. In Anbetracht dieser besonderen Situation von Pferden, die zwar üblicherweise nicht dafür bestimmt sind, für die Zubereitung von Nahrungs- und Futtermitteln verwendet zu werden, von denen aber gleichwohl manche für den Verzehr geliefert werden können, ist Anhang III Nr. 1 der MwStSystRL im Licht des vom Unionsgesetzgeber verfolgten Zwecks, die grundlegenden Güter für den Endverbraucher zu verbilligen, dahin auszulegen, dass auf die Lieferung eines Pferdes nur dann ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz angewandt werden kann, wenn das Pferd im Hinblick auf seine Schlachtung geliefert wird, um für die Zubereitung von Nahrungs- oder Futtermitteln verwendet zu werden4.

Auf die Lieferung von Sportpferden trifft dies jedoch nicht zu. Denn diese werden nicht im Hinblick auf ihre Schlachtung geliefert, um für die Zubereitung von Nahrungs- oder Futtermitteln verwendet zu werden6.

Danach ist § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a zum UStG a.F. richtlinienkonform dahin auszulegen, dass ein Pferd im Sinne dieser Vorschrift nur ein lebendes Tier ist, das gewöhnlich und allgemein für die Zubereitung von Nahrungs- oder Futtermitteln bestimmt ist.

Es bestehen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs daher keine Bedenken, § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a zum UStG a.F., der nach seinem Wortlaut sowohl Sportpferde als auch solche Pferde erfasst, die gewöhnlich und allgemein für die Zubereitung von Nahrungs- oder Futtermitteln bestimmt sind, und daher grundsätzlich auslegungsfähig ist, dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein Pferd im Sinne dieser Vorschrift nur ein zur Schlachtung bestimmtes Tier ist. Allein die richtlinienkonforme Auslegung im vorgenannten Sinne, die weder über Wortlaut noch Wortsinn des Gesetzestextes hinausgeht, führt dazu, dass die betreffende nationale Norm als unionsrechtskonform einzustufen ist.

Die streitigen Veräußerungsumsätze sind demnach selbst dann nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. a zum UStG a.F. ermäßigt zu besteuern, wenn der Kläger insoweit Lieferungen erbracht hätte. Denn die Lieferung von Pferden für Sport- oder Freizeitzwecke unterfällt bei richtlinienkonformer Auslegung der vorgenannten Steuerermäßigungsvorschrift jedenfalls nicht dem ermäßigten Steuersatz.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.07.2014 – XI R 4/13

  1. Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.12.2012 – 16 K 305/12 [] []
  2. a.F., hier einschlägig []
  3. die mit Wirkung vom 01.07.2012 aufgehoben wurde – vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften vom 08.05.2012 []
  4. EuGH, Urteil vom 12.05.2011 – C-453/09 – Kommission/Deutschland [] [] [] [] []
  5. vormals Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG []
  6. BFH, Urteil vom 24.10.2013 – V R 17/13 []

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