Der Schufa-Hinweis in der Mahnung

Ein in der Mahnung (hier: eines Mobilfunkunternehmens) erfolgter Hinweis auf die bevorstehende Übermittlung der Daten des Schuldners an die SCHUFA steht nur im Einklang mit der Bestimmung des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG, wenn nicht verschleiert wird, dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten zu verhindern.

Der Schufa-Hinweis in der Mahnung

Gemäß § 4 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.

Der Hinweis in der Mahnung auf die Möglichkeit einer Mitteilung an die SCHUFA erfüllt die Voraussetzungen einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Insoweit liegt auch eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher gemäß § 4 Nr. 1 UWG vor.

Nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der Bestimmung liegt eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher nur vor, wenn der Handelnde diese Freiheit gemäß Art. 8 und 9 der Richtlinie 2005/29 EG über unlautere Geschäftspraktiken durch Belästigung, Nötigung oder durch unzulässige Beeinflussung im Sinne des Art. 2 Buchst. j der Richtlinie erheblich beeinträchtigt. Bei der Feststellung, ob im Rahmen einer Geschäftspraxis das Mittel der unzulässigen Beeinflussung eingesetzt wird, ist darauf abzustellen, ob drohende oder beleidigende Formulierungen oder Verhaltensweisen verwendet werden oder der Gewerbetreibende die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers bewusst dadurch beeinflusst, dass er konkrete Unglückssituationen oder Umstände von solcher Schwere ausnutzt, die das Urteilsvermögen des Verbrauchers beeinträchtigen. Dies setzt voraus, dass die beanstandete geschäftliche Handlung geeignet ist, die Rationalität der Entscheidung der angesprochenen Verbraucher vollständig in den Hintergrund treten zu lassen1.

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Der beanstandete Passus in den Mahnschreiben des beauftragten Inkassoinstituts ist geeignet, die Fähigkeit des Verbrauchers zu einer freien informationsgeleiteten Entscheidung erheblich zu beeinträchtigen. Das Schreiben erweckt beim Adressaten den Eindruck, er müsse mit einer Übermittlung seiner Daten an die SCHUFA rechnen, wenn er die geltend gemachte Forderung nicht innerhalb der gesetzten Frist erfülle. Wegen der einschneidenden Folgen eines SCHUFA-Eintrags wird eine nicht unerhebliche Zahl von Verbrauchern dem Zahlungsverlangen auch dann nachkommen, wenn diese die Rechnung wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Einwendungen eigentlich nicht bezahlen wollten. Durch einen SCHUFA-Eintrag wird der Betroffene vom Zugang zu regulären Krediten faktisch abgeschnitten. Dies kann für ihn existenzvernichtend sein, etwa weil der Betroffene als Selbständiger für den Betrieb seines Unternehmens auf einen Kreditrahmen angewiesen ist oder er als Immobilieneigentümer eine Anschlussfinanzierung benötigt, ohne die er sein Haus verkaufen müsste. Da im vorliegenden Fall das Risiko in den Augen des Betroffenen in keinem Verhältnis zu den vergleichsweise kleinen Forderungen der Gläubigerin steht, ist die konkrete Gefahr einer nicht informationsgeleiteten Entscheidung gegeben.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Nötigung2 und damit einer aggressiven Geschäftspraktik im Sinne von Art. 8 und Art. 9 der Richtlinie 2005/29/EG liegen vor. Das Berufungsgericht ist von der Revision nicht beanstandet zutreffend davon ausgegangen, dass die Übermittlung von für die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers relevanten Daten an die SCHUFA erhebliche Nachteile für den Verbraucher mit sich bringen kann und daher ein empfindliches Übel darstellt. Dadurch, dass das von der Gläubigerin beauftragte Inkassounternehmen für den Fall einer nicht fristgerechten Zahlung eine Übermittlung solcher Daten ankündigt, stellt sie ein künftiges Übel in Aussicht, auf dessen Eintritt sie Einfluss zu haben vorgibt. Das Risiko eines Eintrags bei der SCHUFA steht in den Augen des Betroffenen außer Verhältnis zu den vergleichsweise kleinen Forderungen der Gläubigerin. Es ist daher vorliegend die Gefahr gegeben, dass Verbraucher ausschließlich aus Furcht vor der SCHUFA-Eintragung zahlen werden.

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Im vorliegenden Streitfall fehlt es auch nicht an einer unangemessenen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher, weil der beanstandete Hinweis in dem Mahnschreiben durch die Bestimmung des § 28a BDSG gedeckt ist.

Allerdings kann eine Ankündigung der Übermittlung von Schuldnerdaten an die SCHUFA nicht als unangemessene Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers gewertet werden, wenn die Ankündigung den in § 28a Abs. 1 BDSG geregelten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Übermittlung entspricht. Eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher sei hinzunehmen, wenn es sich um die Unterrichtung über die Übermittlung von Daten unter den Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG handele.

Jedoch entspricht die im hier entschiedenen Streitfall eanstandete Ankündigung nicht den Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 BDSG. Nach dieser Bestimmung ist die Übermittlung personenbezogener Daten über eine Forderung an Auskunfteien nur zulässig, soweit die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht ist, die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich ist und die weiteren in § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BDSG geregelten Voraussetzungen vorliegen. Die Bestimmung des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a bis d BDSG die vorliegend allein in Betracht kommt verlangt, dass der Betroffene nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist, zwischen der ersten Mahnung und der Übermittlung mindestens vier Wochen liegen, die verantwortliche Stelle den Betroffenen rechtzeitig vor der Übermittlung der Angaben, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet hat und der Betroffene die Forderung nicht bestritten hat.

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Eine Aussage über die Verpflichtung zur Mitteilung offener Forderungen an die SCHUFA ist nur von der Hinweispflicht nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BDSG gedeckt, wenn dem Verbraucher die Voraussetzungen für die Übermittlung verdeutlicht werden. Durch das Fehlen eines hinreichend klaren Hinweises, dass der Verbraucher mit dem bloßen Bestreiten der Forderung eine Mitteilung an die SCHUFA verhindern kann, wird der unzutreffende Eindruck erweckt, die Mitteilung erfolge im Falle der Nichtzahlung zwangsläufig oder liege allein im Ermessen der Gläubigerin.

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass mit der dem Datenschutz dienenden Hinweispflicht gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BDSG dem Gläubiger kein Druckmittel in die Hand gegeben worden ist, Schuldner zur Begleichung von eventuell sogar fragwürdigen Forderungen zu veranlassen3. Mit den in § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG geregelten Anforderungen an die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten wollte der Gesetzgeber vielmehr sicherstellen, dass der Betroffene vor der Meldung der Forderung an eine Auskunftei ausreichende Gelegenheit erhält, die Forderung zu begleichen oder das Bestehen der Forderung zu bestreiten4. Die Unterrichtung des Betroffenen soll deshalb nicht nur die erforderliche Transparenz im Hinblick auf die bevorstehende Datenübermittlung herstellen. Sie dient auch dazu, dem Betroffenen, der die geltend gemachte Forderung für unbegründet hält und deshalb keine Veranlassung sieht, auf die Mahnungen zu reagieren, an seine Obliegenheit zu erinnern, die Forderung zu bestreiten, um eine Datenübermittlung zu verhindern5. Diesen Anforderungen wird nur eine Unterrichtung gerecht, mit der nicht verschleiert wird, dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten an die SCHUFA zu verhindern.

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Auch die beanstandete Ankündigung des Inkassobüros genügt nicht den Anforderungen an einen deutlichen Hinweis auf die Möglichkeit des Betroffenen, durch ein bloßes Bestreiten der Forderung die Übermittlung der Forderungsdaten an die SCHUFA verhindern zu können. Ddie in dem Mahnschreiben verwendete Formulierung, wonach die Gläubigerin verpflichtet sei, der SCHUFA „die unbestrittene Forderung“ mitzuteilen, ist nicht ausreichend, um dem in der Regel juristisch nicht vorgebildeten Adressaten zu verdeutlichen, er habe es in der Hand, durch ein einfaches Bestreiten der Forderung den angedrohten SCHUFA-Eintrag zumindest zunächst abzuwenden. Für erhebliche Teile des Verkehrs wird mit der Wendung „unbestrittene Forderung“ nicht eine Forderung beschrieben, die der Schuldner selbst nicht bestritten habe. Der Verbraucher muss nicht wissen, wann eine Forderung „unbestritten“ sei. Der Begriff kann von einem juristischen Laien dahingehend verstanden werden, die Berechtigung der Forderung sei aus Sicht der Gläubigerin nicht bestreitbar oder die Forderung sei von einer wie auch immer gearteten Aufsichtsbehörde nicht beanstandet worden.

Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der Bestimmung des § 4 Nr. 1 UWG gemäß Art. 9 Buchst. e der Richtlinie 2005/29 EG kommt es darauf an, ob sich die im Streitfall vorliegende Drohung auf eine Handlung bezieht, die rechtlich unzulässig ist. Die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 28a Abs. 1 BDSG lässt es für die Zulässigkeit der Übermittlung von personenbezogenen Daten über eine Forderung an eine Auskunftei aber gerade nicht ausreichen, dass die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten im Sinne von § 28a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BDSG erforderlich ist. Vielmehr ist die Übermittlung nur unter den weiteren, in § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BDSG angeführten Voraussetzungen zulässig. Erfolgt die Übermittlung nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BDSG, muss der in § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BDSG vorgesehene Hinweis in einer Weise erfolgen, die den Umstand, dass der Verbraucher die Forderung bestreiten kann, nicht verschleiern darf.

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Da das Unternehmen, welches den im Streitfall unlauteren Passus verwendet, von der Gläubigerin mit dem Inkasso ihrer Forderungen beauftragt wurde, ist die Gläubigerin gemäß § 8 Abs. 2 UWG für den Unterlassungsanspruch auch passivlegitimiert.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 157/13

  1. vgl. BGH, Urteil vom 03.04.2014 – I ZR 96/13, GRUR 2014, 1117 Rn. 26 f. = WRP 2014, 1301 Zeugnisaktion, mwN[]
  2. vgl. auch Ressmann/Serr, NJOZ 2013, 481, 483 f. mwN[]
  3. vgl. Bull, ZRP 2008, 233, 236[]
  4. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/10529, S. 14[]
  5. vgl. Kamp in BeckOK, Datenschutzrecht, Stand 1.02.2015, § 28a Rn. 91[]

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