Treuhändervergütung im Verbraucherinsolvenzverfahren – und die Einkommensteuer des Insolvenzschuldners

Die Vergütung des Insolvenztreuhänders ist dem Privatbereich des Steuerpflichtigen zuzuordnen und kann deshalb nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Hat der Steuerpflichtige die entscheidende Ursache für seine Zahlungsschwierigkeiten selbst gesetzt, so kann die Insolvenztreuhändervergütung auch nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Treuhändervergütung im Verbraucherinsolvenzverfahren –  und die Einkommensteuer des Insolvenzschuldners

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen muss ein Veranlassungszusammenhang bestehen. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung getätigt werden. Maßgeblich ist, ob bei wertender Beurteilung das auslösende Moment für das Entstehen der Aufwendungen der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen ist1.

Nach diesen Grundsätzen ist die Vergütung des Insolvenztreuhänders insgesamt dem Privatbereich des Insolvenzschuldners zuzuordnen und kann deshalb nicht -auch nicht anteilig- als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.

Zwar war im Streitfall die Finanzierung der Eigentumswohnungen mitursächlich für die Zahlungsschwierigkeiten des Insolvenzschuldners und damit für die spätere Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit den entsprechenden Kostenfolgen, u.a. der Insolvenztreuhändervergütung. Objektiv bestand danach ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und den streitigen Aufwendungen. Jedoch hat der Insolvenzschuldner die Aufwendungen nicht zur Förderung der Nutzungsüberlassung getätigt. Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird (§ 1 der Insolvenzordnung -InsO-). Ferner erhält der redliche Schuldner die Chance, sich von seinen Schulden zu befreien (§ 1 i.V.m. §§ 287 Abs. 1, 305 InsO). Das Verbraucherinsolvenzverfahren betrifft damit die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen als Person und mithin die private Lebensführung, indem es eine geordnete Befriedigung der Gläubiger für den Fall ermöglicht, dass das Einkommen und Vermögen nicht zu deren vollständiger Befriedigung ausreicht. Bei der erforderlichen wertenden Beurteilung kommt diesem privaten Umstand -die Schuldentilgung ist dem Vermögensbereich des Steuerpflichtigen zuzurechnen2- das entscheidende Gewicht zu. Er ist das „auslösende Moment“ für das Entstehen der getätigten Aufwendungen, welche damit insgesamt der Privatsphäre und nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen sind. Die Aufwendungen hierfür sind daher auch dann nicht bei der Einkünfteermittlung abziehbar, wenn -wie im Streitfall zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung- Bezüge zu einzelnen Einkunftsarten vorliegen3.

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Die Aufwendungen waren auch nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastungen). Aufwendungen sind in diesem Sinne zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die vorstehend aufgezählten Gründe von außen derart auf die Entschließung des Steuerpflichtigen einwirken, dass er ihnen nicht auszuweichen vermag4.

Hat der Steuerpflichtige durch sein Verhalten die entscheidende Ursache für die geltend gemachten Aufwendungen selbst gesetzt, kann er sich nicht darauf berufen, er habe sich in einer Zwangslage befunden5. Denn es kommt darauf an, ob das der Zahlungsverpflichtung als wesentliche Ursache zugrunde liegende Ereignis als solches für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war6. Daher steht es der Abziehbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen entgegen, wenn den Steuerpflichtigen ein Verschulden an der Entstehung der Aufwendungen trifft7. Denn er hat dann durch sein Verhalten die entscheidende Ursache für die geltend gemachten Aufwendungen selbst gesetzt und kann sich daher nicht darauf berufen, er habe sich in einer Zwangslage befunden8.

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Das Finanzgericht Köln9 ist unter Zugrundelegung der -mittlerweile aufgegebenen10- Grundsätze des BFH-Urteils vom 12.05.201111 zur Abziehbarkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu dem Ergebnis gelangt, die Insolvenztreuhändervergütung sei als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG anzuerkennen. Für die Entscheidung des Streitfalls kann offenbleiben, ob Kosten eines Insolvenzverfahrens den Aufwendungen für einen Zivilprozess gleichzustellen sind. Denn die im Streitfall geltend gemachte Vergütung des Insolvenztreuhänders ist bereits nach den angeführten -auch für Zivilprozesskosten geltenden- allgemeinen Grundsätzen nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu berücksichtigen.

Im Streitfall hat der Insolvenzschuldner die Ursache für die streitigen Aufwendungen selbst gesetzt. Ihn trifft aufgrund der gewählten Gestaltung beim Erwerb der Eigentumswohnungen ein Verschulden am Eintreten der Überschuldung und mithin der Notwendigkeit eines Insolvenzverfahrens mit entsprechenden Kostenfolgen. Denn nach den Feststellungen des Finanzgericht war für die Zahlungsschwierigkeiten des Insolvenzschuldners zumindest mitursächlich, dass alle drei vermieteten Wohnungen fremdfinanziert waren und die Mieteinnahmen nicht ausreichten, um die laufenden Kosten einschließlich der Annuitäten für die aufgenommenen Darlehen zu decken. Damit hatte sich der Insolvenzschuldner auf eine Vertragsgestaltung eingelassen, die konkret in der Weise risikobehaftet war, dass die Investitionen sich bereits auf der Grundlage der wirtschaftlichen Lage bei Abschluss der Verträge nicht trugen. Mit den Zahlungsschwierigkeiten hat sich demnach ein Risiko verwirklicht, das schon in der konkreten Gestaltung bei Vertragsabschluss angelegt und nicht etwa auf später eingetretene unvorhersehbare Umstände zurückzuführen war. Es beruhte vielmehr wesentlich auf der vom Insolvenzschuldner eingegangenen Gestaltung. Hat sich der Steuerpflichtige aber auf eine vertragliche und wirtschaftliche Gestaltung eingelassen, die konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, deren Risiken sich später realisieren, so hat er die wesentliche Ursache für die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie sind daher nicht zwangsläufig i.S. des § 33 EStG.

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Bundesfinanzhof, Urteil vom 4. August 2016 – VI R 47/13

  1. z.B. BFH, Urteile vom 13.10.2015 – IX R 35/14, BFHE 252, 34, BStBl II 2016, 210; vom 08.04.2014 – IX R 45/13, BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635; vgl. BFH, Beschluss vom 21.09.2009 – GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 07.08.1990 – IX R 139/86, BFH/NV 1991, 94[]
  3. im Ergebnis gl.A. Rößler, Finanz-Rundschau 1999, 1357; a.A. Müller, DStZ 1999, 645[]
  4. vgl. BFH, Urteile vom 19.05.1995 – III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774; und vom 23.05.2001 – III R 33/99, BFH/NV 2001, 1391[]
  5. vgl. BFH, Urteile vom 09.05.1996 – III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2001, 1391; BFH, Urteil vom 19.11.2015 – VI R 38/14, BFH/NV 2016, 902[]
  6. BFH, Urteil in BFH/NV 2001, 1391[]
  7. BFH, Urteile in BFH/NV 2016, 902; vom 29.03.2012 – VI R 70/10, BFHE 237, 90, BStBl II 2012, 572; BFH, Urteil in BFH/NV 2001, 1391[]
  8. vgl. BFH, Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2001, 1391; BFH, Urteil in BFH/NV 2016, 902[]
  9. FG Köln, Urteil vom 23.05.2013 – 6 K 2216/08[]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 18.06.2015 – VI R 17/14, BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800[]
  11. BFH, Urteil vom 12.05.2011 – VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015[]
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