Beamte – und die Nebentätigkeit während des Urlaubs

Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen liegt in der Regel dann vor, wenn ein Beamter während seines Erholungsurlaubes einer Nebentätigkeit mehr als acht Stunden in der Woche nachgeht.

Beamte – und die Nebentätigkeit während des Urlaubs

Ein Beamter ist verpflichtet, die Zeiten seines Erholungsurlaubes auch zur Erholung von der Beanspruchung durch den Dienst und zur Schaffung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die weitere Dienstleistung zu schaffen.

Das auch bei einer nicht genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit bestehende Mitwirkungsgebot in der Form von Anzeige- und Mitteilungspflichten dient in erster Linie dazu, dem Dienstherrn die erforderliche Sachaufklärung zu ermöglichen und die Vereinbarkeit der Nebentätigkeit mit den Dienstpflichten aus dem Hauptamt des Beamten zu prüfen.

Rechtsgrundlage für das angegriffene Nebentätigkeitsverbot ist vorliegend § 73 Abs. 3 1. Alt. Beamtengesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern – LBG M-V – vom 17.12.2009. Danach ist nach ihrer Übernahme eine Nebentätigkeit ganz oder teilweise zu verbieten, soweit bei ihrer Übernahme oder Ausübung in den Fällen des Abs. 1 dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Nach Abs. 1 Ziff. 1 der genannten Vorschrift ist eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen durch die Nebentätigkeit insbesondere dann zu besorgen, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann (Ziffer 1). Diese Voraussetzung gilt nach § 73 Abs. 1 Satz 3 LBG M-V in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten acht Stunden in der Woche überschreitet.

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Die vom Beamten ausgeübte und dem Dienstherrn angezeigte Nebentätigkeit ist nach § 40 Satz 1 BeamtStG anzeigepflichtig, da sie keiner der in § 72 Satz 1 LBG M-V genannten Ausnahmen für eine anzeigefreie Nebentätigkeit unterfällt.

Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Nebentätigkeit aufgrund ihrer Art und ihres Umfangs den Beamten so stark in Anspruch genommen hat, dass durch ihre Ausübung dienstliche Interessen beeinträchtigt worden sind.

Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ist darin zu sehen, dass der Beamte während seiner Urlaubszeit die Nebentätigkeit in einem Umfang ausgeübt hat, dass nach deren Art und Umfang seine Arbeitskraft so stark in Anspruch genommen wurde, dass die ordnungsgemäße Erfüllung dienstlicher Pflichten behindert werden konnte (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 LBG M-V). Dies gilt nach § 73 Abs. 1 Satz 3 LBG M-V in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten acht Stunden in der Woche überschreitet.

Nach § 34 Satz 1 BeamtStG hat der Beamte sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen. Hierunter fällt auch der das besondere Dienst- und Treueverhältnis prägende Grundsatz, dass der Beamte verpflichtet ist, dem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und sich dem ihm anvertrauten Hauptamt mit voller Hingabe zu widmen hat1. Dies beinhaltet auch die Pflicht des Beamten zur Erhaltung der vollen Dienst- und Einsatzfähigkeit und betrifft nicht nur die Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit im Falle einer Dienstunfähigkeit, sondern auch die Pflicht, die Zeiten des Erholungsurlaubs zweckentsprechend zu nutzen.

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Der Zweck des Erholungsurlaubs besteht darin, die Arbeitskraft und die Gesundheit des Beamten wieder aufzufrischen und zu erhalten, d.h. Erholung von der Beanspruchung durch den Dienst und Schaffung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die weitere Dienstleistung2. Dieser Zweck wäre gefährdet, wenn der Beamte während seines Erholungsurlaubs eine in zeitlicher Hinsicht nicht unerhebliche Nebentätigkeit ausüben würde, er seine Nebentätigkeit während des Urlaubs zum Beispiel vom zeitlichen Umfang her auf eine Vollzeitbeschäftigung ausweiten würde. Eine zweckentfremdete Nutzung des Erholungsurlaubs liegt deshalb nicht vor, wenn die Nebentätigkeit auch im Urlaub die Fünftelregelung, also acht Stunden wöchentlich, nicht überschreitet3. Eine nur geringfügige Überschreitung des Zeitraums von acht Stunden wöchentlich ist unbedenklich, solange die mit dem Urlaub bezweckte Erholung durch die Nebentätigkeit nicht beeinträchtigt wird4.

Wie der Beamte selbst eingeräumt hat, hat er jedoch in seinem vom 16.02.2015 bis 14.04.2015, also über nahezu zwei Monate währenden Erholungsurlaub über die genannte Fünftelregelung hinaus seine Nebentätigkeit durch Betreiben des Coffee-Bikes ausgeübt. Angesichts des vom Beamten selbst behaupteten Aufbaus des Gewerbebetriebes liegt es auf der Hand, dass sich der Beamte deutlich mehr als acht Stunden in der Woche dieser Nebentätigkeit gewidmet hat. Zudem lässt der Beamte für den hier bedeutsamen Zeitraum seines Urlaubs jeglichen Nachweis für seine Behauptung, er habe den Betrieb durch geringfügig Beschäftigte ausüben lassen, vermissen. Dies genügt, um es überwiegend wahrscheinlich erscheinen zu lassen, dass der Tatbestand des § 73 Abs. 3 1. Alt. i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBG erfüllt ist.

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Soweit sich der Beamte in seiner Beschwerdebegründung darauf beruft, dass sein Urlaub am 14.04.2015 geendet habe und daher zum Zeitpunkt der angegriffenen Verbotsverfügung vom 30.04.2015 keine die „Fünftelgrenze“ überschreitende Nebentätigkeit mehr vorgelegen habe, verhilft dies seiner Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.

§ 73 Abs. 3 LBG M-V stellt für das Verbot nach Übernahme einer Nebentätigkeit sowohl auf die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen bei Übernahme als auch bei Ausübung der Nebentätigkeit ab. Damit macht der Gesetzgeber deutlich, dass auch eine in der Vergangenheit liegende, nämlich bereits zum Zeitpunkt der Übernahme, bestehende Beeinträchtigung ausreicht, um die Rechtsfolge der Norm, den Erlass einer Verbotsverfügung auszulösen. Gleiches gilt, wenn – wie hier – im Verlauf der Ausübung der Nebentätigkeit eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen eintritt. Dies entspricht auch dem Sinn der Regelung, durch die auch im Nachhinein eine Wahrung der dienstlichen Interessen gewährleistet werden soll, indem die Fortführung der Nebentätigkeit untersagt wird.

Das Oberverwaltungsgericht ist weiter der Auffassung, dass der Beamte durch das Unterlassen der unverzüglichen Anzeige geänderter Umstände bei der Ausübung seiner Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt hat (§ 73 Abs. 3 1. Alt. i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1LBG). Durch diese Unterlassung ist die Prüfung des Dienstherrn, ob die Nebentätigkeit wegen eingetretener Änderungen untersagt werden kann oder gar muss, wenigstens sehr erschwert worden. Unabhängig davon, ob der Beamte dadurch eine Dienstpflichtverletzung begangen hat, beeinträchtigt dies dienstliche Interessen, weil der Dienstherr die notwendige Kontrolle über die ausgeübte Nebentätigkeit nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann. Das – auch bei einer nicht genehmigungspflichtigen – Nebentätigkeit bestehende Mitwirkungsgebot in Form der Anzeige- und Mitteilungspflichten bei Aufnahme bzw. bei Änderung der Nebentätigkeit dient in erster Linie dazu, dem Dienstherrn die erforderliche Sachverhaltsaufklärung zu ermöglichen und ihn in die Lage zu versetzen, die Vereinbarkeit der Nebentätigkeit mit den Dienstpflichten aus dem Hauptamt des Beamten zu prüfen5. Darin liegt ein weiterer, eigenständiger Grund zur Untersagung der Nebentätigkeit, denn es liegt im dienstlichen Interesse, die für die Kontrolle der Nebentätigkeit erforderlichen Angaben vom Beamten selbst unmittelbar zu erhalten und sie nicht durch den Einsatz von Arbeitskraft und Materialien des Dienstherrn erst zu ermitteln.

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Zwar ist der Beamte – zunächst – seiner Anzeigepflicht nachgekommen und hat in dem hierfür vorgesehenen Vordruck seines Dienstherrn diesem gegenüber Angaben zu seiner Nebentätigkeit gemacht und dabei die zeitliche Beanspruchung durch die Nebentätigkeit mit acht Stunden wöchentlich angegeben. Zugleich hat er angekreuzt, dass die zeitliche Beanspruchung auch nicht gelegentlich acht Stunden wöchentlich übersteige. Dies hat sich aber nicht als zutreffend erwiesen. Wie bereits ausgeführt ist das Oberverwaltungsgericht bei der gebotenen summarischen Prüfung des Sachverhaltes zu der Überzeugung gekommen, dass überwiegend wahrscheinlich der Beamte mehr als die von ihm zunächst angegebenen acht Stunden pro Woche der Nebentätigkeit nachgegangen ist. Eine Mitteilung über die zeitliche Ausweitung der Nebentätigkeit während seines Erholungsurlaubs hat der Beamte jedoch nicht vorgenommen. Letztendlich bleibt er eine Darstellung des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit während seines Erholungsurlaubs schuldig, obwohl er zu Angaben über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Vergütung hieraus nach § 75 Satz 2 LBG M-V in Verbindung mit § 5 Abs. 1 der Nebentätigkeitslandesverordnung6 verpflichtet ist und jede Änderung unverzüglich schriftlich anzuzeigen hat. Auf diese Mitwirkungspflicht ist er durch den Antragsgegner ausdrücklich in dessen Schreiben vom 11.11.2014 hingewiesen worden.

Darüber hinaus hat der Beamte im Rahmen seiner bestehenden Mitwirkungspflichten nicht dargetan, dass eine Überschreitung der „Fünftelgrenze“ seit Beendigung seines Erholungsurlaubs nicht mehr erfolgt ist bzw. nicht zu befürchten ist. Insoweit fehlt es bislang an entsprechenden substantiierten Darlegungen nicht nur hinsichtlich Art und Umfang der ausgeübten Nebentätigkeit, sondern auch hinsichtlich der hierfür erhaltenen Vergütung im Sinne des § 7 LNVO-MV.

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Das Oberverwaltungsgericht ist auch nicht gehindert, die vorgenannten Umstände in seine Entscheidung einzubeziehen. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren, da über den durch den Beamten eingelegten Widerspruch bislang noch nicht entschieden worden ist und damit die letzte Behördenentscheidung noch aussteht. Im Übrigen handelt es sich bei § 73 Abs. 3 LBG M-V um eine gebundene Entscheidung, die der Behörde keinen Ermessensspielraum einräumt.

Da bereits aus den oben genannten Gründen die Voraussetzungen für den Erlass des Nebentätigkeitsverbotes vorliegen, kommt es nicht mehr darauf an, ob zudem die Voraussetzungen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 6 LBG M-V, wonach eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen auch dann vorliegt, wenn die Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann, gegeben sind. Das Oberverwaltungsgericht sieht deshalb von diesbezüglichen Ausführungen ab; sie sind ggfs. im Hauptsacheverfahren zu klären.

Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg -Vorpommern, Beschluss vom 15. März 2016 – 2 M 317/15

  1. BVerfG, Beschluss vom 08.12.2006 – 2 BvR 385/05 –, zitiert nach juris[]
  2. vgl. Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, Band 1 § 89 Rdn. 6[]
  3. vgl. hierzu: Zwehl, Nebentätigkeitsrecht im öffentlichen Dienstrecht, 3. Auflage, 2011 Seite 84, 85[]
  4. Zwehl, a.a.O. Seite 85[]
  5. HessVGH, Urteil vom 24.09.2003 – 1 UE 783/02 – zitiert nach juris[]
  6. vom 20.01.2010 – GVOBl. S. 36[]
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