Konkurrierende Kindesunterhaltsverpflichtungen – und der zu spät geltend gemachte Unterhalt

Müssen von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden, steht das dadurch freigewordene Einkommen des Unterhaltspflichtigen im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung1.

Konkurrierende Kindesunterhaltsverpflichtungen – und der zu spät geltend gemachte Unterhalt

Auch ein grundsätzlich bestehender Unterhaltsanspruch eines Kindes kann und muss in Fällen des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Mangelfallberechnung außer Betracht bleiben, wenn und soweit er vom Unterhaltspflichtigen wegen fehlender Nachforderbarkeit nicht mehr erfüllt werden muss. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass dann, wenn von konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen einzelne gemäß § 1613 Abs. 1 BGB nicht mehr erfüllt werden müssen, das dadurch freigewordene Einkommen des Unterhaltspflichtigen im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für anderweitigen Mindestkindesunterhalt zur Verfügung steht2.

Im hier entschiedenen Fall hatten die Vorinstanzen zur Nachforderbarkeit des Unterhalts für dieses Kind keine Feststellungen getroffen. Dazu bestand jedoch Veranlassung, zumal die Unterhaltszahlung insoweit nach dem Vortrag des Vaters nicht vom Kind oder seiner Mutter als gesetzlicher Vertreterin, sondern vom zuständigen Jobcenter gefordert worden ist. Zwar vermag auch eine Leistungsmitteilung (Rechtswahrungsanzeige) nach § 33 Abs. 3 Satz 1 SGB II die Nachforderbarkeit des Unterhalts zu begründen3. Diese bezieht sich aber nur auf Ansprüche, die auf die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II übergegangen sind. Abgesehen von der hier zu prüfenden sachlichen Kongruenz von Sozialleistung und Unterhalt und der Begrenzung des Anspruchsübergangs auf die von dem Jobcenter für dieses Kind erbrachten Sozialleistungen kommen im Rahmen der nach § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II erforderlichen sozialrechtlichen Vergleichsberechnung bei der Ermittlung des Anspruchsübergangs nur tatsächlich erzielte Einkünfte des Unterhaltspflichtigen in Betracht, während die Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens nach sozialrechtlichen Grundsätzen grundsätzlich ausscheidet4. Die auf die Sozialleistungsträger übergegangenen Ansprüche sind dementsprechend auf den nach dem tatsächlich erzielten Einkommen berechneten Unterhalt begrenzt. Bezogen auf den vorliegenden Fall fällt der Unterhalt für dieses Kind mithin jedenfalls geringer als bisher berechnet aus. Daher erhöhen sich die Verteilungsmasse und folglich auch der allein noch im Streit stehende Unterhalt für die andere Tochter, weil das mangels Nachforderbarkeit freigewordene Einkommen des Vaters für ihren Unterhalt zur Verfügung steht.

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Die im Versorgungsausgleich vereinbarte Ausgleichsrente - brutto oder netto?

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. Januar 2020 – XII ZB 580/18

  1. im Anschluss an BGH, Beschluss vom 22.05.2019 XII ZB 613/16 FamRZ 2019, 1415[]
  2. BGH, Beschluss vom 22.05.2019 XII ZB 613/16 FamRZ 2019, 1415 Rn. 28[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 15.02.2017 XII ZB 201/16 FamRZ 2017, 711 Rn. 22[]
  4. vgl. BGH, Beschluss BGHZ 198, 305 = FamRZ 2013, 1962 Rn. 23 mwN; Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 8 Rn. 248 mwN auch zur Gesetzesformulierung[]