Dingliche Wertsicherungsklausel im Erbbaugrundbuch

Soll im Erbbaugrundbuch eine Vormerkung, die einen schuldrechtlichen Anspruch auf regelmäßige Anpassung des Erbbauzinses sichert, an gleicher Rangstelle durch eine im Wesentlichen inhaltsgleiche dingliche Wertsicherungsklausel (sog. Gleitklausel) ausgewechselt werden, bedarf des der Zustimmung der nachrangig Berechtigten. Die Sicherungsvormerkung kann nicht dafür verwendet werden, der Gleitklausel den Rang der Vormerkung einzuräumen.

Dingliche Wertsicherungsklausel im Erbbaugrundbuch

Die Vormerkung diente bislang der dinglichen Sicherung des schuldrechtlich vereinbarten Anspruchs auf Anpassung des Erbbauzinses. Mit der Eintragung der Gleitklausel wird die Vormerkung gegenstandslos, da kein schuldrechtlicher Anpassungsanspruch mehr zu sichern ist1. Die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 03.05.20122 vermag eine gegenteilige Auffassung nicht zu stützen, da es in dieser Entscheidung um die Auswechselung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs geht. Im vorliegenden Fall wird der schuldrechtliche Anspruch nicht ausgewechselt, sondern statt dessen eine dingliche Sicherung geschaffen, die zum Wegfall der Vormerkung führt.

Die gegenüber den bislang eingetragenen Reallasten und der Vormerkung nachrangig Berechtigten müssen eine Rangrücktrittserklärung abgeben, damit die Gleitklausel im selben Rang wie die Reallasten eingetragen werden kann. Die nachträgliche Vereinbarung einer dinglichen Wertsicherungsklausel bedarf nach §§ 877, 876 S. 1 BGB grundsätzlich der Zustimmung der Inhaber nachrangiger dinglicher Rechte am Erbbaurecht, weil es sich um eine Inhaltsänderung des Erbbauzinses handelt3. Diese Zustimmung wäre nur dann entbehrlich, wenn durch die Änderung die Rechtsstellung der nachrangig Berechtigten nicht nachteilig berührt würde4. Dabei kommt es nicht auf eine wirtschaftliche Beeinträchtigung, sondern allein darauf an, ob ein grundbuchmäßiges Recht rechtlich beeinträchtigt wird oder werden kann5. Dies ist bei der Vereinbarung und Eintragung einer Gleitklausel anstelle einer den bislang vereinbarten Anpassungsanspruchs sichernden Vormerkung der Fall. Für die in Konkurrenz zum Erbbauzinsberechtigten stehenden dinglich Berechtigten am Erbbaurecht macht es einen rechtlich bedeutsamen Unterschied, ob die Erhöhung des Erbbauzinses auf Verlangen des Grundstückseigentümers erfolgt und gesondert im Grundbuch einzutragen ist oder sich der grundbuchrechtlich gesicherte Erbbauzins in regelmäßigen Abständen automatisch nach Maßgabe eines vereinbarten Indikators ändert6.

Weiterlesen:
Öffentliche Wohnungsbauförderung als Geschäftsgrundlage eines Erbbaurechts

Ob die nachrangig Berechtigten schon bisher damit rechnen mussten, dass Erbbauzinserhöhungen erfolgen werden, die im Rang ihren Rechten stets vorgehen würden, spielt daher keine Rolle. Denn zumindest sind die rechtlichen Modalitäten der Erhöhung bei der dinglichen Gleitklausel andere als bei der durch eine Vormerkung gesicherten schuldrechtlichen Anpassungsvereinbarung7. Im Übrigen zeigen auch die intensiven Diskussionen in Rechtsprechung und Literatur vor den beiden Änderungen von § 9 Abs. 2 ErbbauRG durch das Sachenrechtsänderungsgesetz vom 21.09.19948 und des Euro-Einführungsgesetzes vom 09.06.19989, mit der die Eintragung der dinglichen Gleitklausel zugelassen wurde, dass ein rechtlich erheblicher Unterschied zwischen der bislang zwischen den Beteiligten schuldrechtlich vereinbarten Anpassungsmöglichkeit mit dinglicher Sicherung durch eine Vormerkung und der nunmehr vereinbarten dinglichen Gleitklausel besteht. Dass dieser Unterschied auch praktische und wirtschaftlich relevante Auswirkungen haben kann, zeigt sich gerade am vorliegenden Fall: Die erste Überprüfung und Anpassung des von den Beteiligten ursprünglich vereinbarten Erbbauzinses aufgrund der schuldrechtlichen Anpassungsvereinbarung erfolgte nicht 5 Jahre, sondern erst rund 10 Jahre nach der Bestellung des Erbbaurechts.

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 23. März 2015 – 1 W 69/14

  1. vgl. BayObLG, Beschluss vom 21.05.1996 – 2 Z BR 50/96 – Rpfleger 1996, 445, Rz. 13 nach juris[]
  2. BGHZ 193, 152[]
  3. vgl. BayObLG, a.a.O. und Beschluss vom 18.07.1996 – 2 Z BR 73/96, Rpfleger 1996, 505; Ingenstau/Hustedt, Erbbaurechtsgesetz, 10. Auflage, § 9 Rz. 27, 49; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage, Rz. 1811 a[]
  4. Schöner/Stöber, a.a.O., Rz. 1802[]
  5. BGHZ 91, 343, Rz. 7 nach juris[]
  6. vgl. BayObLG, Beschluss vom 18.07.1996, a.a.O.[]
  7. vgl. MünchKomm-BGB/Kohler, 6. Aufl., § 877 Rz. 2, 6 f.[]
  8. BGBl. I, S. 2257, Art. 2[]
  9. BGBl. I, S. 1242, Art. 11a; ausführliche Darstellung bei Ingenstau/Hustedt, a.a.O., Rz. 39 ff.[]
Weiterlesen:
Das erstinstanzliche Sachverständigengutachten - und die Bindung des Berufungsgerichts

Bildnachweis: