Konkurrentenstreitverfahren- und der Überprüfungszeitpunkt der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers

Grundsätzlich muss die geforderte gesundheitliche Eignung eines Stellenbewerbers im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vorliegen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn hierdurch der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt wird.

Konkurrentenstreitverfahren- und der Überprüfungszeitpunkt der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers

Bei der Entscheidung, welcher von mehreren in Betracht kommenden Bewerbern ausgewählt wird, ist das Prinzip der Bestenauslese zu beachten. Danach sind Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber zu bewerten und zu vergleichen. Bei der Eignungsbeurteilung hat ist auch immer eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der einzelne Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amts in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Denn geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist nur, wer dem angestrebten Amt auch in körperlicher und psychischer Hinsicht gewachsen ist1.

Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat2. Erweist sich anhand dieses Maßstabs die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung ausgewählt würde3, hat die Klage Erfolg.

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Bei der Beurteilung, ob die Auswahlentscheidung rechtmäßig ist, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblich. Grundlage der gerichtlichen Überprüfung sind die schriftlich fixierten wesentlichen Auswahlerwägungen.

Die Auswahlentscheidung ist in dem hier vom Verwaltungsgerichts Göttingen entschiedenen Verfahren auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sich im gerichtlichen Verfahren herausgestellt hat, dass Teiluntersuchungen der G 41-Untersuchung, insbesondere das die gesundheitliche Eignung ausschließende Belastungs-EKG, bereits am 13.11.2013 und damit zu einem Zeitpunkt stattfanden, als der Stellenbewerber noch (bis zum 18.11.2013) krankgeschrieben war. Hierdurch könnte der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt sein. Denn es liegt nahe, dass ein Bewerber während einer Erkrankung körperlich nur eingeschränkt leistungsfähig ist. Somit könnte es die Fairness gebieten, hierauf Rücksicht zu nehmen und zumindest das Ergebnis einer von ärztlicher Seite für die nahe Zukunft vorgeschlagenen zweiten Untersuchung abzuwarten. Im Ergebnis kommt es hierauf aber nicht an, denn der Stellenbewerber war auch zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung am 18.12.2013 als Steiger gesundheitlich nicht geeignet; es wurde eine Nachuntersuchung für Januar 2014 vorgeschlagen. Der Beklagten kann aber auch nicht vorgeworfen werden, vor ihrer Auswahlentscheidung nicht das Ergebnis dieser weiteren Untersuchung abgewartet zu haben. Denn spätestens nach dem ersten negativen Untersuchungsergebnis vom 13.111.2013 hätte der Stellenbewerber im eigenen Interesse Anlass gehabt, die Beklagte um ein Hinausschieben der Auswahlentscheidung zu bitten. Er konnte nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass dieser seine vierwöchige (und ein Tag) Krankschreibung vom 21.10.bis 18.11.2013 bekannt war, geschweige denn dass sie wusste, dass zwischen Krankschreibung und seiner fehlenden gesundheitlichen Eignung als Steiger ein Zusammenhang bestehen könnte. Tatsächlich hatte die Beklagte hiervon auch keinerlei Kenntnis. Ihre waren auch die einzelnen Untersuchungsergebnisse der Z. nicht bekannt. Es hätte deshalb zuvorderst dem Stellenbewerber oblegen, um ein Hinausschieben der Auswahlentscheidung zu bitten und dies mit einem ärztlichen Gutachten zu begründen. Aus dem Gutachten hätte hervorgehen müssen, dass seine fehlende gesundheitliche Eignung als Steiger ausschließlich Folge seiner vorherigen Erkrankung ist und spätestens im Januar 2014 nicht mehr bestehen werde. Dies hat er versäumt, weshalb er der Beklagten nicht vorhalten kann, sie habe gegen das Gebot der Fairness verstoßen. Im Übrigen hat er den von ihm behaupteten Ursachenzusammenhang zwischen seiner Krankschreibung und seiner fehlenden gesundheitlichen Eignung als Steiger auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachgewiesen. Damit steht überhaupt nicht fest, dass die negativen Untersuchungsergebnisse beim Belastungs-EKG ausschließlich auf seine vorherige Erkrankung und nicht nur auf einen allgemeinen Trainingsmangel zurückzuführen waren. So kann der Stellenbewerber die fast zwei Monate zwischen dem Ende seiner Krankschreibung am 19.11.2013 und seiner dritten Untersuchung am 13.01.2014, bei der seine gesundheitliche Eignung als Steiger festgestellt wurde, nicht nur zur Rekonvaleszenz, sondern genauso gut zur Verbesserung eines allgemein schlechten Trainingszustandes genutzt haben.

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Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 14. September 2015 – 1 A 59/14

  1. BVerfG, Stattgebender Verwaltungsgerichtbeschluss vom 10.12.2008 – 2 BvR 2571/07 – 11; BVerfG, Beschluss vom 21.02.1995 – 1 BvR 1397/93 –, BVerfGE 92, 140[]
  2. vgl. BVerwG, Urteile vom 21.08.2003 – 2 C 14/02; und vom 27.02.2003 – 2 C 16/02; Nds. OVG, Beschlüsse vom 28.11.2012 – 5 ME 240/12; vom 21.09.2011 – 5 ME 241/11; und vom 18.08.2011 – 5 ME 209/11[]
  3. siehe dazu BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 – 2 BvR 857/02, NVwZ 2003, 200; Nds. OVG, Beschlüsse vom 28.11.2012; und vom 18.08.2011, jeweils a.a.O.[]