Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines konkreten Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob der potentielle Betreuer voraussichtlich die sich aus der Betreuungsführung und den damit verbundenen Pflichten im Sinne des § 1901 BGB folgenden Anforderungen erfüllen kann1.
Nach § 1897 Abs. 1 BGB ist zum Betreuer eine natürliche Person zu bestellen, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betroffenen rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Die Beurteilung, ob eine bestimmte Person als Betreuer eines konkreten Betroffenen geeignet ist, erfordert die Prognose, ob der potentielle Betreuer voraussichtlich die sich aus der Betreuungsführung und den damit verbundenen Pflichten im Sinne des § 1901 BGB folgenden Anforderungen erfüllen kann. Diese Prognose muss sich jeweils auf die aus der konkreten Betreuung erwachsenden Aufgaben beziehen und zu der Einschätzung führen, dass die als Betreuer in Aussicht genommene Person das Amt zum Wohl des Betroffenen führen wird. Dafür können unter anderem ihre intellektuellen und sozialen Fähigkeiten, ihre psychische und körperliche Verfassung, die persönlichen Lebensumstände – etwa räumliche Nähe zum Betroffenen, berufliche Auslastung oder finanzielle Verhältnisse –, bereits bestehende familiäre oder sonstige Beziehungen zum Betroffenen, aber auch besondere Kenntnisse oder Einstellungen zu für die Betreuungsführung relevanten Fragen von Bedeutung sein. Weil es sich um eine rechtliche Betreuung handelt, werden jedoch regelmäßig nicht Spezialwissen oder außergewöhnliche Fertigkeiten nötig sein, sondern es wird in der Regel ausreichen, wenn der Betreuer sich erforderlichenfalls fachkundiger Hilfen bedienen kann. Jedenfalls aber bedarf es der positiven Feststellung der Eignung, die nicht durch pauschale Annahmen auf der Grundlage eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses ersetzt werden kann2.
Die vom Tatrichter vorgenommene Beurteilung der Eignung einer Person als Betreuer kann gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Sie ist rechtlich fehlerhaft, wenn der Tatrichter den unbestimmten Rechtsbegriff der Eignung verkennt, relevante Umstände in unvertretbarer Weise bewertet oder bei der Subsumtion wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt3.
Gemessen hieran war in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die vom Amtsgericht vorgenommene; und vom Landgericht bestätigte Betreuerauswahl nicht zu beanstanden. Das gilt sowohl hinsichtlich der Gesundheitssorge als auch für die übrigen Aufgabenbereiche.
Dagegen, dass das Landgericht die Ehefrau als geeignet angesehen hat, die Gesundheitssorge, die ersichtlich im Mittelpunkt des Streits zwischen ihr und ihrem Sohn steht, zugunsten des Betroffenen auszuüben, ist rechtsbeschwerderechtlich nichts zu erinnern.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht eine von ihr eingewandte Interessenkollision der Eignung der Ehefrau nicht entgegen. Die Behauptung, die Ehefrau wolle die lebenserhaltenden Maßnahmen letztlich aus eigennützigen Motiven vollziehen, findet in den getroffenen Feststellungen keine Grundlage.
Ebenso geht der Einwand fehl, wonach die Ehefrau gesundheitlich nicht für die Übernahme der Betreuung geeignet sei. In rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass der Ehefrau die Eignung auch insoweit nicht fehlt.
Die Ehefrau hat nach ihrem Suizidversuch auf eigene Initiative hin beim Amtsgericht vorgesprochen. Nach den – vom Landgericht in Bezug genommenen – Feststellungen des Amtsrichters hat sie „anschaulich deutlich gemacht“ wie sehr das Verfahren „an ihren Nerven gezerrt habe“. Das Gericht hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass die Ehefrau gleichwohl die nötige körperliche und psychische Kraft habe, ihr Amt zum Wohle des Betroffenen auszuüben. Wenn die Instanzgerichte in dieser Situation von der Einholung eines – für die Feststellung der Eignung des Betreuers gemäß § 280 FamFG ohnehin nicht vorgesehenen – Sachverständigengutachtens absehen, liegt das noch im – einer Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht entzogenen – tatrichterlichen Ermessen. Ebenso wenig musste das Landgericht, das der Einschätzung des Amtsgerichts gefolgt ist, die Ehefrau hierzu nochmals persönlich anhören.
Zwar weist die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hin, dass dem Betreuer hinsichtlich der Entscheidung über einen möglichen Behandlungsabbruch gemäß §§ 1901 a, 1904 BGB eine herausragende Rolle für das weitere Geschehen zukommt. Jedoch ist diese Frage hier nicht verfahrensgegenständlich. Es ist nicht über eine Genehmigung der – von der Ehefrau beabsichtigten – Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen nach § 1904 BGB zu entscheiden, sondern allein die Frage zu beantworten, ob der Betreuer dazu geeignet ist, die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB. Diese Frage hat das Landgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise bejaht.
Schließlich ist von Rechts wegen nichts dagegen zu erinnern, dass das Landgericht die Ehefrau statt des Sohnes zur Betreuerin bestellt hat.
Schlägt der Volljährige niemanden vor, der zum Betreuer bestellt werden kann, so ist bei der Auswahl des Betreuers gemäß § 1897 Abs. 5 BGB auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Volljährigen, insbesondere auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen.
Dabei steht dem Tatrichter bei der Auswahl zwischen mehreren geeigneten Personen ein Ermessen zu. Die Auswahlentscheidung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob sie rechtsfehlerhaft ist. Das ist der Fall, wenn der Tatrichter sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst ist, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch macht oder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreitet. Hingegen sind Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Auswahl einer Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich entzogen. Ausreichend ist insofern, dass die vom Tatsachengericht vorgenommene Auswahl möglich ist, auch wenn sie nicht zwingend erscheint oder eine andere Auswahl ebenso nahe- oder sogar nähergelegen hätte4.
Gemessen hieran ist die Auswahlentscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden.
Das gilt zunächst für die Entscheidung, die Ehefrau als Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitssorge zu bestellen.
Im Rahmen seines Auswahlermessens durfte das Landgericht die Gesundheitsbetreuungsvollmacht jedenfalls insoweit berücksichtigen, als der Betroffene darin seiner Ehefrau ersichtlich mehr Vertrauen als seinem Sohn geschenkt hat. Außerdem ist es auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Ehefrau eher in der Lage gesehen hat, den Interessen des Betroffenen Geltung zu verschaffen, als ihr Sohn.
Ebenso wenig ist rechtsbeschwerderechtlich etwas dagegen zu erinnern, dass das Landgericht die Ehefrau auch als Betreuerin für die weiteren Aufgabenbereiche bestellt hat. Der Umstand, dass sich die Gesundheitsbetreuungsvollmacht nur zur Gesundheitssorge verhält, nicht aber zu den übrigen Aufgabenbereichen, hinsichtlich derer die Ehefrau ebenfalls zur Betreuerin bestellt worden ist, stellt den vom Landgericht hieraus gezogenen Schluss auf ein besonderes Näheverhältnis unter den Eheleuten nicht in Frage. Dass die Ehefrau zur Übernahme auch dieser Aufgabenbereiche (Regelung aller behördlichen, versicherungs- und sozialrechtlichen Angelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung, Regelung der Haus- und Grundstücksangelegenheiten und Vermögenssorge, soweit keine Kontovollmachten vorliegen) nicht in der Lage wäre, ist weder vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ersichtlich noch von der Rechtsbeschwerde eingewandt.
Deshalb konnte im vorliegenden Streitfall dahinstehen, ob dem Umstand, dass der Betroffene seiner Ehefrau die Gesundheitsvorsorgevollmacht erteilt hat, zugleich ein Betreuervorschlag im Sinne des § 1897 Abs. 4 BGB entnommen werden kann.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. November 2017 – XII ZB 90/17
- im Anschluss an BGH, Beschluss vom 30.09.2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165[↩]
- BGH, Beschluss vom 30.09.2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165 Rn. 15 ff. mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 30.09.2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165 Rn. 18 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 30.09.2015 XII ZB 53/15 FamRZ 2015, 2165 Rn. 25 mwN[↩]