Beamtenbesoldung – und die Ausgleichszulage nach Dienstherrnwechsel

Die Regelung über die Ausgleichszulage nach § 4 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes zu Übergangsregelungen zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung1 (RVOrgRefÜG) ist nicht als dynamische Rechtsstandswahrung, sondern lediglich dahingehend auszulegen, dass sie betragsmäßig den Besitzstand des Beamten im Zeitpunkt seines Übertritts zum neuen Dienstherrn wahrt, wie jetzt das Bundesverwaltungsgericht jetzt unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung2 entschied.

Beamtenbesoldung – und die Ausgleichszulage nach Dienstherrnwechsel

Für die von einem unfreiwilligen Dienstherrnwechsel betroffenen Beamten schreibt § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG die Anwendung von § 13 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.08.20023 vor. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002 bestimmt, dass ein Beamter eine Ausgleichszulage erhält, wenn sich seine Dienstbezüge verringern, weil er nach § 26 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes oder einer entsprechenden landesrechtlichen Vorschrift versetzt ist.

Diese Vorschriften hat das Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 30.01.20144 dahingehend ausgelegt, dass die Zulage nicht nur die im Zeitpunkt des Dienstherrnwechsels bestehenden, sondern auch später eintretende besoldungsrechtliche Unterschiede im Sinne einer dynamischen Rechtsstandswahrung ausgleichen soll.

Nach erneuter Überprüfung gibt das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsprechung zur Auslegung von § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG i.V.m. § 13 Abs. 1 BBesG 2002 im Sinne einer dynamischen Rechtsstandswahrung auf. Die Vorschrift ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass sie lediglich betragsmäßig den Besitzstand des Beamten im Zeitpunkt seines Übertritts zum neuen Dienstherrn wahrt.

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Die Zulässigkeit des Dienstherrnwechsels auch ohne Zustimmung des betroffenen Beamten ist verfassungsrechtlich allgemein anerkannt5. Regelmäßig wird für den unfreiwilligen Dienstherrnwechsel dem einfachen Recht der Grundsatz entnommen, dass die beamtenrechtliche Rechtsstellung des betroffenen Beamten im Rahmen des Möglichen gewahrt bleiben muss und nur insoweit verändert und beeinträchtigt werden darf, als dies wegen der Umbildung und deren Folgen unumgänglich ist6. Das „Gebot der größtmöglichen Wahrung der beamtenrechtlichen Rechtsstellung“ bedeutet aber nicht, dass ein unfreiwilliger Wechsel des Dienstherrn verfassungsrechtlich nur dann zulässig ist, wenn der neue Dienstherr durch eine entsprechende gesetzliche Regelung dauerhaft eine Besoldung nach Maßgabe des Rechts des früheren Dienstherrn gewährleistet. Vielmehr wird den verfassungsrechtlich garantierten Rechten der betroffenen Beamten aus Art. 33 Abs. 5 GG auch dann ausreichend Rechnung getragen, wenn der Gesetzgeber eine Ausgleichszulage vorsieht, die betragsmäßig das Niveau der Besoldung des Beamten beim bisherigen Dienstherrn zum Zeitpunkt des Übertritts sicherstellt (vgl. etwa § 6c Abs. 4 SGB II oder § 19b Abs. 2 BBesG). Der Schutz „wohlerworbener Rechte der Beamten“ i.S.v. Art. 129 Abs. 1 Satz 2 WRV ist dem Grundgesetz dagegen fremd.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung soll die Besitzstandsregelung des § 4 Abs. 3 RVOrgRefÜG sicherstellen, dass die Maßnahmen der Organisationsreform im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung für die betroffenen Beschäftigten nicht mit finanziellen oder anderen Nachteilen verbunden sind7. § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG 2002 setzt voraus, dass sich die Dienstbezüge eines Beamten als Folge des unfreiwilligen Wechsels des Dienstherrn verringern. Ein „Verringern“ liegt aber nur vor, wenn sich die Dienstbezüge eines Beamten infolge der Maßnahme reduzieren, nicht dagegen, wenn sie sich nicht so erheblich oder so schnell erhöhen wie beim früheren Dienstherrn. Damit erfasst die Ausgleichszulage nur solche Fälle, in denen die Bezüge – i.S.v. § 13 Abs. 4 Satz 1 BBesG 2002 – im entsprechenden Statusamt beim neuen Dienstherrn im Zeitpunkt des Übertritts betragsmäßig hinter denjenigen beim früheren Dienstherrn zurückbleiben.

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht dem Beamten kein Anspruch auf eine Ausgleichszulage ab dem 1.07.2009 zu. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte der Beamte beim früheren Dienstherrn zuletzt das Statusamt eines Verwaltungsamtsrats8 inne. Auch bei der Beklagten bekleidet der Beamte dieses Statusamt. Im nach dem Vorstehenden maßgeblichen Zeitpunkt des Übertritts zum neuen Dienstherrn im Januar 2008 galt für die Besoldung der Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen und der dem Land zuzuordnenden Rentenversicherungsträger noch das Bundesbesoldungsgesetz, und zwar zunächst gemäß Art. 125a Abs. 1 GG. Die Überleitung des Bundesbesoldungsgesetzes in Landesrecht bewirkte erst das am 1.06.2013 in Kraft getretene Dienstrechtsanpassungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.05.20139. Durch dieses Gesetz wurde § 1 Abs. 2 des Landesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17.02.200510 dahingehend gefasst, dass das Bundesbesoldungsgesetz einschließlich Anlagen in der am 31.08.2006 geltenden Fassung vom 06.08.2006, zuletzt geändert durch § 19 des Gesetzes vom 28.08.200611, als Landesrecht fortgilt, und zwar nunmehr als Übergeleitetes Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen – ÜBesG NRW –12. Eine betragsmäßige Verringerung der Besoldung im hier maßgeblichen Zeitpunkt13 ist somit ausgeschlossen. Eine prozentuale Erhöhung der Besoldung um 2, 9 v.H. regelt das Gesetz zur Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge 2008 im Land Nordrhein-Westfalen vom 20.12 200714 für den Zeitraum ab dem 1.07.2008.

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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 6. Juni 2019 – 2 C 9.18

  1. vom 09.12 2004, BGBl. I S. 3242, 3292 ff.[]
  2. Aufgabe von BVerwG, Urteile vom 30.01.2014 – 2 C 27.12, Buchholz 240 § 13 BBesG Nr. 6 und – 2 C 12.13[]
  3. BGBl. I S. 3020 – BBesG 2002[]
  4. BVerwG, Urteile vom 30.01.2014 – 2 C 27.12, Buchholz 240 § 13 BBesG Nr. 6; und 2 C 12.13[]
  5. BVerfG, Beschluss vom 26.11.1963 – 2 BvL 12/62, BVerfGE 17, 172, 187 f.[]
  6. stRspr; vgl. BVerwG, Urteile vom 02.04.1981 – 2 C 35.78, BVerwGE 62, 129, 132 m.w.N.; vom 28.04.2011 – 2 C 27.10, Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 5 Rn. 30; und vom 30.01.2014 – 2 C 27.12, Buchholz 240 § 13 BBesG Nr. 6 Rn. 17[]
  7. BT-Drs. 15/3654, S. 106[]
  8. Besoldungsgruppe A 12 BBesO[]
  9. GV.NRW. S. 233[]
  10. GV.NRW. S. 154[]
  11. BGBl. I S.2039[]
  12. vgl. hierzu die Darstellung der Rechtsentwicklung bei Baumanns, in: Lenders/Baumanns/Schwarz, Das neue Dienstrecht in Nordrhein-Westfalen, 2017, A Rn. 12 f. und 24 ff.[]
  13. Januar 2008[]
  14. GV.NRW. S. 750[]